Montag, 30. Dezember 2013

Lisu-Neujahr

Im Gegensatz zum chinesischen Neujahr, das dieses Jahr am 31.1. stattfinden wird (alle Feste in China richten sich nach dem Mondkalender, der andere Zeitintervalle hat als der Gregorianische), war das Lisu-Neujahr bereits am 20.12. Die Lisu sind eine Minderheit in der Region des Nujiangtals und dort sehr weit verbreitet. Deswegen bekamen die meisten Schulen und Betriebe drei Tage lang frei. So konnten sich auch Franzi und Ich über drei schöne Ferientage freuen. Den ersten Tag nutzen wir, um mal wieder eine größere Wanderung zu starten. Seit dem wir in Liuku angekommen sind, war ein Pavillion, der ganz allein auf dem Gipfel eines Berges zu sehen war, unser Ziel. So machten wir uns nach dreieinhalb Monaten endlich auf, ihn zu erkunden.
Wie es in China so üblich ist, kennt man zwar das Ziel, allerdings niemals den Weg. So gingen wir auf gut Glück den Berg hinauf, durch Maisfelder, Gestrüpp und über schmale Trampelpfade, bis wir - welch Wunder - oben auf dem Kamm des Berges auf eine Schotterstraße trafen! Diese führt über den Kamm in die Tiefen des Gebirges und auch am Pavillion vorbei. Doch als wir dort waren, stellten wir fest, dass dies gar kein Pavillion, sondern eine Art Leuchtturm war. Der Zufall erlaubte es, dass wir natürlich als einzige Person auf dem Weg auf den Besitzer des Turms stießen. Dieser bot uns sofort an, mit in seine Wohnung zu kommen, um dort die Aussicht zu genießen. Vom Balkon her konnte man dies sehr gut tun. Aufgrund seines Hauses mutmaßten wir, dass der Mann eine Art Astronom sein muss, der von dort oben aus die Sterne beobachtet. Dann machten wir in höchster Höhe das erste mal eine echte Wanderpause mit selbst gebackenen Brötchen (das erste Mal Brot seitdem wir hier sind!), echter Milch und Mandarinen. So konnten wir wieder den Abstieg wagen.
Am nächsten Tag stand das eigentliche Lisu-Fest auf dem Programm. Zu diesem Anlass wurde in der Stadt eine Art Jahrmarkt aufgebaut mit mehren Ständen und Musik. Am Abend fand dann ein großes Festprogramm auf dem Platz vor dem Regierungsgebäude statt. Über zwei Stunden wurde ein chinesisches Theater aufgeführt mit Gesängen, Tanz und viel Show. Danach wurde der Platz, auf dem die Zuschauer sitzen konnten, geräumt und dort Lagerfeuer aufgestellt, um die das gesamte Publikum traditionelle Lisu-Tänze tanzen konnte. Wie es nun mal so ist, wurde ich sofort aus der Menge gezogen und musste ein Interview geben... Auch das chinesische Fernsehen interessierte sich sehr für uns Ausländer.
Am letzten Tag der Ferien wurden wir von einem Künstler (wir nennen ihn liebevoll "der Maler") zum Essen eingeladen. Als andere Gäste waren auch Dramaturgen, Tänzer, und andere wichtige Personen des Festes vorort. So mussten wir unser Feedback zum Programm geben und sie versicherten uns, dass nächstes Jahr auch Freiwillige daran teilnehmen sollen. Als sie ein bekanntes Lisu-Lied anstimmten, waren sie sehr erfreut, dass wir alle mitsingen konnten. Als Gegenleistung fiel uns nichts anderes ein als "Oh Tannenbaum". Doch darüber  waren sie mindestens genauso erfreut.